Diese Zeilen über unsere Mali Reise verfassen wir das erste mal seitdem wir diese Homepage betreiben viel später, beinah ein Jahr nachdem wir Mali bereist haben.
Unser nächstes Ziel ist Segou und unverhofft ist hier wirklich alles anderes. Seit langem fühlen wir uns wieder wohl und auch sicher, sind die Menschen doch ganz im Gegensatz zu bisher enorm freundlich. Auch die Landschaft wirkt schon um einiges ansprechender, mit den Baobabs und den kleinen Dörfern. Auch die Weiterfahrt von Segou nach Djenne ist so richtig herzerwärmend. Der Freddi braucht nämlich einen neuen Vorderreifen, und dies ausgerechnet vor einer kleinen Dorfschule. In Windeseile sind wir auch schon die Hauptattraktion der Kinder und während Andi sich um den Freddi kümmert, spielt Simone mit den Kindern Fangen.
Und dann erreichen wir schließlich Djenne mit seiner weltbekannten Moschee aus Lehm. "Schön". In der Unterkunft wo wir campen holt uns jedoch schnell die Realität wieder ein. Beim Kaffee gesellt sich nämlich ein äußerst netter Malier zu uns, der uns erzählt dass wir hier seit 3 Jahren die ersten Touristen sind. Irgendwie sind wir verwundert, existiert doch für diesen Teil Malis keine Reisewarnung und überhaupt ... Doch schnell zerstört er unsere Hoffnungen auf Sicherheit und meint nur, dass es nicht nur im Norden ständig Entführungen gibt. Ausführlich berichtet er über die Situation im Norden des Landes, meint jedoch dass die ehemaligen Gaddafi Söldner von der Regierung nach dem Sturz in Libyen nur 250 000 CFA erhalten haben. Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben doch sie haben Waffen bei sich und die Al Quaida zahlt gut für westliche Touristen. Weiters meint er, dass Mali nach Baumwolle und Gold vom Tourismus lebt und auch er ausgebildeter Touristenführer ist - dennoch ist sein dringender Rat so bald und so unauffällig wie möglich hier abzuhauen - es sei einfach zu gefährlich für Weiße im Augenblick! So besuchen wir auch nur relativ kurz dieses Meisterwerk an Baukunst (Moschee), schauen dass wir unseren Reifen geflickt bekommen und unsere Einkäufe erledigen und haben dennoch Glück, da abends aus den Gassen Trommelklänge, Flöten usw. erklingen und wir den Menschen beim Tanzen und Feiern zusehen können.
Nach dem kurzen Aufenthalt in Djenne entscheiden wir uns nach Mopti zu fahren, wo wir auch sogleich von unzähligen arbeitslosen Führern belagert werden. Wir schnappen uns einen Jungen und die Wahl scheint gut zu sein, ist er doch äußerst gesprächig und erzählt über das Land, die Ethnien und alles was ihm sonst so einfällt. Mit ihm kauen wir dann auch die traditionellen Kola Nüsse und eine Essenseinladung an ihn führt uns in einen wahrlich abgefuckten Foodstall. Hier essen die ärmsten der Armen doch er meint es sei besser hier zu bleiben ... wahrscheinlich hat er soviel Lust wie wir die nächsten Monate in der Sahara zu fristen ;-) Wir erfahren, dass im Norden bereits eine Hungerskatastrophe ausgebrochen ist und der Niger heuer nur 40 % seiner üblichen Wasserkapazität führt. Morgen ist Weihnachten, doch wer hat bei der Armut , der drohenden Hungerskatastrophe und der Sicherheitslage hier schon Weihnachtsgefühle? Außerdem pennen wir äußerst abgefuckt auf einem Parkplatz neben wirklich grausamen Toiletten und da uns sowieso wieder angeraten wurde so schnell wie möglich abzuhauen machen wir das auch sogleich am nächsten Tag.
Ziel ist das Dogon Country, früher beliebtes Ziel der Mali Touristen, heute leben die Einheimischen ausschließlich von dem einzigen, das hier angebaut wird: Zwiebe!l (Anmerkung: Die Dogon hatten sich im 15. Jahrhundert in den Südosten von Mali zurückgezogen, um dort in der schroff in die Ebene abfallenden Felswand ihre Dörfer zu errichten, von denen die Mehrzahl auch heute noch nur über schmale Fußpfade erreichbar ist. Dabei vertrieben sie die Ureinwohner der Falaise, ein Pygmäenvolk namens Telem, das sich seinerseits noch höher in die Felswand zurück zog und dort kleinste Höhlenwohnungen, die nur mit Seilen erreichbar waren, errichtete)
Als wir schließlich Dourou erreichen staunen wir nicht schlecht über das eng gebaute Dorf auf dem Plateau. Via Steppe, fetten Steinen und unauffälligen kleinen Dörfchen erreichen wir Indellou und lernen Abel kennen, mit dem wir bis heute in Kontakt sind. Eigentlich sollte hier ein Maskentanz sein, doch statt dessen trinken wir erstmals Tee mit Abel und dann zeigt er uns sein Dorf. Ein Hammer! Hier siehts aus wie im Zeichentrick bei Asterix und Obelix! Ein eng gebautes Dörfchen mit Rundhütten, Ställen und einem engen Wegenetz welches an kleinen animistischen Versammlungspunkten verbeiführt bis hin zum Versammlungsplatz der Alten. Überall winken uns die Frauen herbei, welche Zwiebel verarbeiten und heute aufgrund von Weihnachten Millet-Bier brauen. Die Männer wiederum schmieden in einer Hütte Figuren und die Alten freuen sich tierisch über unsere mitgebrachten Kolanüsse. So viel Freude und Herzlichkeit ist ansteckend und wir sind glücklich hier zu sein. Extra für uns (und dem japanischen Fotografen der irgendwoher aufgetaucht ist) wird dann sogar ein Maskentanz aufgeführt und hier fällt das erste mal seit langem nicht das Wort: Entführung, oder: fahrt besser weiter, es ist zu gefährlich für euch.
Heute ist Weihnachten, wir versauen unser Abendessen und futtern Sardellenbrot, dazu schimmlige Papaya und als Highlight ein altes Bounty plus Snickers. Doch der Sternenhimmel ist einmalig, wir hören die Glocken von weit her (im Dogonland leben Christen, Muslime und Animisten in den Dörfern zusammen) und verstehen zum ersten mal in unserem Leben, was Sicherheit für einen Stellenwert hat. Klar weiß man es, doch zu erleben was es bedeutet wenn ständig das eigene oder das Leben von Angehörigen in Gefahr ist ... wir haben diese Nicht-Selbstverständlichkeit erfahren und unsere Lektion gelernt.
Erster Weihnachtsfeiertag und wir kurven nach Nombori. Das Plateau hinunter entlang sandiger Piste und ewig weiter Landschaft. Frauen beim Holztragen begegnen uns und eine fette Düne später stehen wir in Nombori.
Wenn wir auch hier nicht allzu lange bleiben liegt dies ausschließlich an dem innerlichen Stress, der einen vorwärtstreibt und in diesem Land nicht zur Ruhe kommen lässt. Bis auf den Anfang der Malireise waren uns die Menschen äußerst positiv gesonnen, haben unser Leben über ihr Geldverdienen gestellt - was bei der Armut nicht selbstverständlich ist. Kurz vor der Grenze zu Burkina Faso treffen wir abermals auf einen Dorfchef, der uns am Wasserbrunnen ebenfalls von der drohenden Wasserknappheit erzählt. Das Leben ist keinesfalls einfach in Mali und es stimmt uns mehr als nur traurig, das dieses Land mit seiner langen Demokratie so in den Abgrund segelt.