Kanaren
Nach mehr als einem Jahrzehnt bereisten wir heuer wieder einmal Europa, obwohl doch eigentlich Uganda unser ursprünglicher Reiseplan für 2018 war. Zumindest dachten wir dies noch im Winter, doch im März veränderte eine Nachricht unsere kompletten Reisepläne: Simone ist schwanger!
Dank diesem freudigen Umstand war Uganda ganz schnell wieder als Urlaubsdestination aus dem Rennen und es folgten Pläne von Kolumbien über Indonesien bis La Reunion. Irgendein Haken tauchte aber bei jedem Ziel auf, wobei vor allem das seit Jahren kursierende Zika Virus den Löwenanteil an No-Go Destinationen für Schwangere verursacht. Erst selbst betroffen wurde uns klar, wie weit verbreitet dieser Virus auf der Weltkarte eigentlich ist und wie viele Schwangere weltweit davon gefährdet sind. Kombiniert mit unserer verfügbaren Reisezeit in den europäischen Sommermonaten wurden unsere möglichen Reiseziele jedenfalls enorm reduziert und nach einem letzten Mutter-Tochter Urlaub von Simone und Anneliese in Barcelona und der nördlichen Costa Brava (hier geht’s zu den Bildern) steuerten wir schlussendlich die kanarischen Inseln mit Fokus auf La Palma und La Gomera an.
Bereits am nächsten Tag kauften wir uns Tickets für die Fähre nach La Palma, kamen in den Genuss der verbauten Strände von Las Americas und Los Christianos (welche dank der Nebensaison und den geringen Touristenzahlen angenehmer als gedacht waren) und steigerten unsere Glücksmomente mit einer leckeren Fisch-Meeresfrüchte-Grillplatte.
Zum Glück sah die Welt am nächsten Tag, 3 Stunden von Teneriffa entfernt, völlig anders aus. Wir bezogen in Santa Cruz de La Palma ein kleines Appartement und fanden schnell Gefallen an der wunderschönen kanarischen Architektur. Der Altstadtkern im Stile der Renaissance eingebettet in die typische hübsche bunte kanarische Bauweise - definitiv ein sehenswertes Städtchen mit nur 2 winzigen Schönheitsfehlern. Der ewige Wind, welcher durch die Stadt bläst und noch viel schlimmer die unzähligen Steinstufen, die es zu bezwingen gab. Die Stadt ist auf einen Hügel gebaut und jeder Spaziergang begann und endete steil bergauf oder bergab.
Mit unserem Mietwagen starteten wir dann am nächsten Tag zum Vulkan Teneguia, einer von vielen Vulkanen die man in La Palma besichtigen kann. Entlang Serpentinen und endlosen Bananenplantagen erreichten wir unser Ziel, von wo wir vorbei an den Weinreben der bekannten Malvesier Trauben den höchsten Punkt des Vulkans bestiegen. Wieder zurück passierten wir nette kleine Buchten mit pechschwarzen vulkanischen Stränden inklusive den einzig relevanten Badeort der Insel, „Puerto Naos“.
Tagsdarauf ging es nach Los Tiles, um den üppigen Nebelwald und einen von Europas ältesten und letzten Lorbeerwald zu bestaunen. Nach einer schönen Wanderung mit Wasserfall inklusive, fuhren wir nachmittags zu den Küstenbecken piscinas de la Fajana. An der sonst ausschließlich rauen Steilküste gibt es hier dem Meer vorgelagerten Schwimmbecken und damit die Möglichkeit zu Baden, eine seltene Angelegenheit auf La Palma. Zum Surfen scheint die Küste optimal zu sein, doch für Bade- und Strandliebhaber hat die Insel definitiv kaum was zu bieten.
Dafür sind die Wandermöglichkeiten umso schöner und vielfältiger, denn auch am folgenden Tag schnürten wir somit wieder unsere Bergschuhe. Die Caldera de taburienta gilt nicht umsonst als das Highlight von La Palma, wie wir bald selbst feststellen konnten. Unsere Wanderung in die Barranca de Angustias führte uns entlang einem Bachbett bzw. Wasserfall zu den cascades de los colores und weiter zu einem auf 1000 hm gelegenen Aussichtspunkt. Eine wirklich schöne Tour! Intakte Kiefernwälder, kaum andere Wanderer, eine super Aussicht und ein abwechslungsreicher, obgleich dank vieler Klettereien nicht unanstrengender Weg – was wünscht man sich mehr?
Doch La Palma ist nicht nur für die schöne Caldera Schlucht bekannt, sondern auch bei Hobbyastronomen aufgrund des zweit größten Observatoriums der Welt. Auf 2400 hm kann man dieses Objekt am Roque de Muchachos bewundern, was wir mit einer kurzen Wanderung verbanden. Dabei beschlossen wir, die folgende Nacht hier oben zu verbringen und den Sternenhimmel zu erleben und auch zu fotografieren. So machten wir uns um 23 Uhr abermals auf den einstündigen kurvenreichen Weg und wurden auf über 2400 hm mit einem wahrlich traumhaften Sternenhimmel und äußerst wenig Schlaf belohnt.
Den nächsten Tag verbrachten wir schließlich ziemlich erledigt am Strand von Puerto Naos, doch bereits für den darauffolgenden Tag planten wir die Wanderung zu den San Marcos Wasserfällen. Wie sich herausstellte, ein würdiger Wander-Abschluss! 800 hm querfeldein bergauf und dann quetschten wir uns mit einer Taschenlampe bewaffnet durch 12 dunkle und enge Tunnels. Beim letzten Tunnel wurden wir dank des Wasserfalles bis zur Unterhose nass und erreichten schlussendlich den Nebelwald mit seinen üppigen grünen Schluchten. Vom Wandern hatten wir nach dieser Tour jedenfalls fürs erste genug und wir buchten die Fähre zur nächsten Insel, La Gomera. ...hier gehts nach La Gomera auf Instagram...
Ebenso wie Santa Cruz in La Palma, ist auch San Sebastian auf La Gomera eine hübsche Stadt mit typisch kanarischer Architektur. Und ebenso windig …So saßen wir bereits am nächsten Tag im Bus und fuhren direkt von San Sebastian in fürchterlichen Serpentinen durch die wilden Schluchten und steil abfallenden Klippen bis zum NP Guanajato, wo die karge Landschaft des Südens endgültig in Nebelwald übergeht. Von dort schlängelte sich die Straße wieder talwärts und wir erreichten schlussendlich das Valle Gran Rey mit seinen bekannten Terrassen. Palmen, Blumen, Bäume und die unzähligen bewirtschafteten Obst– bzw. Gemüseterrassen prägen die dörfliche Landschaft und Mango-, Papaya-, Guanabana- und Avocadobäume gedeihen hier auf dem fruchtbaren vulkanischen Boden ebenso wie andere heimische und tropische Obstsorten.
Unser Appartement entpuppte sich ebenso als Highlight der extra Klasse und schnell stellte sich so richtiges Urlaubsfeeling ein. Nur wenige Gehminuten von unserer Unterkunft entfernt konnten wir den Naturbadestrand playa de ingles erreichen, als auch das nette Örtchen las vueltas. Abends wurde und wird getrommelt und musiziert, das Valle bzw. La Gomera war schließlich von eher die Hippie-Aussteiger Insel schlechthin und auch wenn der Wandel spürbar ist, eine gechillte Atmosphäre hat die Region jedenfalls behalten! Wir jedenfalls genossen das Urlaubsfeeling und als abends ein Typ die kubanische Musik von Buena Vista Social Club 1 : 1 nachträllerte, fühlten wir uns beinah wie in Lateinamerika :-)
Für 3 Tage liehen wir uns ein Auto und kurvten als erstes nach Vallehermosa, Hermigua bis nach Las Hayes. Eine kurze Wanderung führte uns zum Gipfel des Garajonay NP, aber im Endeffekt sehen alle Täler auf La Gomera recht ähnlich aus und die Wanderungen sind sehr einfach und für unseren Geschmack zu gut ausgebaut. Auch unsere Wanderung tags darauf durch Kiefern- und Eukalyptuswälder zum bekannten roque de acanda überzeugte uns nicht wirklich. Umso schöner empfanden wir dafür den Playa de Santiago. Von dort machten wir uns auf den Weg zum chinguire beach mit seinen bekannten Hippiehöhlen, die um diese Jahreszeit mehrheitlich leer standen. Verständlich, dass diese wunderschönen Buchten die Naturfreunde anzogen und zeitweise immer noch anziehen, dennoch treffen wir auch hier auf nur wenige Menschen.
Die restlichen Tage auf La Gomera verbrachten wir im Valle und starten nur noch kleinere Touren vor Ort. Täglich wurden die Wellen auf unserem Strand höher, zum Gefallen von Andi und zum Kampf für Simone und täglich wurden wir von einem netten Ladeneigentümer mit frischem Obst beschenkt. Abends genossen wir den sundowner am Strand, oft mit Feuertänzern, Trommlern oder anderen Musikanten … ein schöner Rhythmus, an den wir uns schnell gewöhnten. Auch die Wanderung zu dem Wasserfall im Valle gestaltete sich als Highlight, ist doch der Weg dorthin unwegsam und die Vegetation tropisch. Die Tage jedenfalls flogen hier nur so vorbei und wir schafften es gerade noch zur Besichtigung von Schweinebucht (den Hippiehöhlen im Valle) und Markt, bevor wir die Fähre zurück nach Teneriffa nahmen.
Angekommen in Teneriffa checkten wir wieder im selben Hostel wie bei unserer Ankunft ein. Es wurde spät und wir gingen wiedermal Essen, eine Qual bei dieser Küche. Schon am nächsten Tag fuhren wir mit unserem neuen Mietwagen nach Santa Cruz de Teneriffa und auch diesmal empfanden wir die Gegend als öde, kahl und schlichtweg hässlich. Sozusagen wie der hässliche Bruder der Westsahara, welche auch nicht gerade zu den landschaftlichen Top-Sehenswürdigkeiten dieses Planeten zählt. Je weiter nördlicher, desto grüner wird die Landschaft und positiv gestimmt fuhren wir zu unserer Unterkunft 5 km außerhalb der Stadt. Wow, ein Kellerloch! Am A der Welt, ohne Warmwasser, mit wenig Tageslicht, ohne Terrasse und Stühle … mal was ganz anderes! Dafür steil bergauf zu steigen und selbstverständlich ohne Parkplatz, ha, ein richtiges Schnäppchen 😉 Bereits 10 Minuten später saßen wir daher schon wieder im Auto Richtung playa de la teresitas, Teneriffas schönster Strand und ja, er ist ok aber ebenso sehr windig. Dafür ist die Stadt nett, schöne Bauwerke prägen das Bild und vor allem der Garten mit den tropischen Pflanzen und Kräutern ist toll. Abends guckten wir Künstlern am Strand vor dem Auditorium zu, gönnten uns einen drink (zumindest einer von uns😉) und kehrten erst später in unser Mäuseloch zurück. ...hier gehts nach Teneriffa auf Instagram...
Am nächsten Morgen stand der Nebelwald von Anaga auf dem Programm und wir wurden nicht enttäuscht. Dieser Wald ist mit dichtem Moos überzogen, überall tropft es Wasser von den Bäumen und die Stimmung ist mystisch. Im Anschluss kurvten wir in die nächste bekannte Stadt der Region, La Laguna, schlenderten durch die Gässchen und landeten eine Weile später bei einem Nickerchen im botanischen Garten von Santa Cruz. Abends stießen wir in La Laguna auf ein super nettes Konzert in einer kleinen Bar mit leckerem Bio Bier für Andi.
Nach unseren Stadtbesichtigungen besuchten wir die laut Reiseführer dritte sehenswerte Stadt Teneriffas, Orotaro. Unsere Unterkunft buchten wir in Puerto de la Cruz und der Strandort, welcher eigentlich als ruhige Strandalternative angepriesen wurde (Reiseführer, Internet..), entpuppte sich für uns als Touristenort a la Adria. Nett war einzig und allein der Bollullo Strand eine knappe Gehstunde entfernt, ansonsten weist die Infrastruktur alles auf, was touristisch vermarktet werden kann.
Doch im Endeffekt war es uns relativ egal, denn bereits am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg in den NP Teide. Die Teide mit 3700 hm ist ja nicht nur der höchste Berg der Kanaren, sondern ganz Spaniens, und ihr Antlitz begleitete uns nun bereits seit 3 Wochen. Aufgrund der Höhenrestriktion für Schwangere schied eine Besteigung für uns aus, doch eine Tour zum nur 3100 hohen Pico Viejo wagten wir. Bereits die Fahrt zum Ausgangspunkt begeisterte uns, war bis 2000 hm noch alles in Nebel gehüllt, wendetet sich oberhalb von 2000 Hm das Blatt und wir erblickten bizarrste Steinformationen bei glasklarer Sicht und Sonnenschein. Eine Landschaft, die wir genauso gut in Simbabwe, Südafrika oder Australien antreffen hätten können. Außer uns war nur ein weiterer Wanderer unterwegs und auf über 3100 m erreichten wir endlich zu mittags den Gipfel mit seinem Krater. Der Kraterdurchmesser mit 800 m war schon beindruckend, doch der Blick von hier oben zur Teide erst recht spektakulär. Eine superschöne Tour, uneingeschränkt empfehlenswert und jeden Schweißtropfen wert (Bäume oder Schatten gibt es in dieser Landschaft nicht, dafür sengende Hitze).
Die letzten Urlaubstage vor uns fuhren wir via Orotaro und einem kurzen Stopp an einem dreckigen Strand in den Süden und strandeten im Touristenghetto von „playa de las Americas“. Extrem! Hier inmitten lauter Bars mit fürchterlich lauter Musik und im schlimmsten Fall Livemusik und Bier zum Spottpreis befand sich unser Appartement. Wahnsinn! Jeder Zentimeter Küste zugebaut mit Bars, Restaurants und anderen diversen Bespassungprogrammen für das touristische Klientel und wir mittendrin, so krass hatten wir es in den letzten 15 Reisejahren nie. Diesem Wahnsinn konnten wir nur durch eine Picknickfahrt in den NP Teide entfliehen. Zwar gab es keinen romantischen Sonnenuntergang aufgrund der Nebeldecke, doch unser Picknick in der schönen ruhigen Natur war die lange Fahrt wert.
Eineinhalb Tage mussten wir durchhalten in dieser Region Teneriffas, wo jährlich rund 1 Mio sonnenhungrige Touristen ihren Urlaub verbringen, doch was uns betrifft waren wir froh, unsere Zeit auf La Palma und La Gomera verbracht zu haben, zwei Inseln, die definitiv sehenswert sind und auf die sich in der europäischen Hauptreisezeit nur ganz wenige Touristen verirren. Nach dem letzten Wochenende am playa de las Americas jedoch waren wir froh, als der Flieger Richtung Heimat abhob.
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