Über dieser Reise zu berichten ist anders als meine bisherigen Reiseerzählungen, vielleicht weil es weniger darum ging Orte und Länder zu bereisen, sondern weil mein alleiniger Aufbruch nach Guatemala andere Motive barg. Meine letzten Monate in Österreich waren geprägt von vielen Erlebnissen, die Reise ungeplant und einzig und alleine ein Platz in Guatemala das Ziel. Inside travel oder wie immer man solch eine Reise bezeichnen mag. Zeit zum Nachdenken, Reisen alleine zu erleben, die Vergangenheit Revue passieren zu lassen und Gefühle zu ordnen. Warum ausgerechnet Guatemala, ein Land in dem ich weder die Sprache gut genug spreche und das nicht in Afrika liegt;-) Mein Weg, meine Reise war ein Lernprozess, der begonnen hat mit dem simplen teilweisen Erlernen einer neuen Sprache, das ist mir im Laufe der Zeit bewusst geworden. Und vor allem fuhr ich weg (wohin auch immer) um Fragen zu beantworten und ehrlich gesagt hätte ich niemals gedacht, dass es wirklich so weit kommt. Aber es ist passiert und nochwas … vor allem Guatemala (ich war ja eine Weile in Mexiko) hat einen festen Platz in meinem Herzen eingenommen und ist für mich eines DER Reiseländer schlechthin.
Begonnen habe ich also in Guatemala city und gemäß meines Herzenswunsches (Berufliche Veränderung – ein großes angstbehaftetes Thema, MEIN Thema, nachdem der Lehrerjob in Tirol nicht mehr in Frage stand) hab ich gleich am ersten Tag 2 schräge Typen mit noch schrägeren Berufen kennengelernt. Den Freelancer-Journalist, der sogar den ehemaligen Präsidenten im Gefängnis interviewt hat (in Guatemala waren gerade Wahlen und der ehemalige Präsident inkl. Vizepräsident wurden wegen Korruption demontiert. Übrigens hat dann endgültig ein TV-Komiker die Wahl gewonnen.) und den Schamanen in Ausbildung…
Dann folgte die Zeit auf der Finca im Dschungel des Rio Dulces, eine der besten dieser Reise… die Finca Tatin würd ich schon fast als meine spirituelle Heimat bezeichnen, oh was habe ich diese Tage dort genossen. Der Platz, wo die Seele zur Ruhe kommt. Die Natur, mein morgendlicher (und nächtlicher) Dschungelhike, die geilen crepes mit frutas während ich eifrig spanisch lerne, das Schwimmen und die Ausflüge mit dem Kajak. (Hier wird nur über Wasser verkehrt;-). Ich lerne Gianni kennen dessen Boot ich fahren durfte und der mich wiederum auf meinem schrägen beruflichen Veränderungswunsch begleitet hat… ein schwimmendes Theater am Rio Dulce – na wenn das nicht mal was anderes ist. Dazu gesellen sich David, der mich zum Fischen mitnimmt und Chris, der mich vor meiner eigenen Naivität bewahrt hat. Dank ihn bekomme ich Einblicke in die männliche Latino Kultur und überhaupt..Chris der Akademiker, der mit seinem schmuck so viel verdient dass er für die Pension vorsorgt und Langzeitreisen macht – ohne in Dorms zu pennen.
Und die 2 Israelis, herzergreifend lieb und die einzigen, bei deren Abschied ich geheult hab. Was für ein Pärchen… ohne ihn hätte ich nie rohen Knoblauch gegessen und ohne sie hätte ich nie gewisse Fragen gestellt … Sie war schon mal vor 7 jahren auf der Finca und hat seitdem immer geträumt zurückzukehren … es ist passiert und wir haben uns dort getroffen… (und nicht nur geredet und gekajakt, sondern auch card against humanity wie verrückt gespielt).
Es folgten meine ersten alleinigen Expeditionen… am Flussarm des Rio entlang, durch Matsch bis zu den Knien (Barfuss) nur um einen Wasserfall zu finden den normal niemand erreicht, weil es keinen Weg dorthin gibt. Du musst dem Wasser lauschen hat Chris gemeint und sich bereit gemacht mich Abends zu suchen … ich hab ihn gefunden.. alleine… und hab dem Wasser gelauscht und die Füsse voller Schlamm und Dornen geerntet. Aber auch Trips zu den Garifunas, generell der Kontakt mit den Einheimischen erlebt.
Dann kam Rob (Architekt, Opernsänger und Tauchlehrer), welch Umstellung. Ein menschliches Phänomen für mich. Ein einsamer Wolf ist ein gruppentier gegen ihn… und diese Begegnung nach den Israelis… bis Antigua hab ich ehrlich nicht gewusst was ich genau damit anfangen soll…. ein Mensch für den sprechen so ist wie wenn plötzlich regen fällt und der schweigen als Nirvana empfindet. Wow!
Gemeinsam fuhren wir nach Semuc Champey, wo ausser dem ersten Dorm weitere schicksalshafte Begegnugen in mein Leben traten. Erstens ein schweizer Pärchen, welche ihre Reise mit einer Ausstrahlung im Schweizer Fernsehen finanziert haben (zudem konnten sie überall wo sie drehten gratis bleiben) und dies mit folgender Aktion: Zu Weihnachten wird in der Schweiz eine Doku über Glück ausgestrahlt und ihr Beitrag dazu?! Sie fahren durch die Welt mit einer simplen Fragen: WHAT MAKES YOU HAPPY?
Diese Aktion habe ich niemals als berufliche Idee betrachtet, aber diese einfache Frage wurde zur Leitfrage meiner Reise… und hat mich dazu veranlasst, als sie mir die Frage am ersten Tag gestellt haben alleine von einer 8 m hohen Brücke zu springen … das war sozusagen das erste was mir auf die Frage spontan einfiel;-) Aber in Semuc habe ich auch viele Freundschaften mit Einheimischen geschlossen. Während Rob also gelesen und geschwiegen hat gab´s für mich Elvira und mit ihr durchgetanzte Bachata-Nächte und ein revolutions Pärchen, das mir mehr Einblick in Guatemala verschafft hat als irgendwer sonst. (Und auch täglich mit mir Spanisch gelernt haben … ).
In Antigua war ich bei ihnen daheim, mit ihnen knapp vor dem Demonstrieren und mein Spanisch war auf dem Höhepunkt. Vielleicht haben wir uns auch einfach nur so gut verstanden, aber mit ihnen verstand ich einfach alles – Spanisch und Zentralamerika. Und dann gab es diese 3 lieder, die den ganzen Tag gespielt wurden.. romeo santos, enrique iglesias und nicky jam … das ist der Tone of Guatemala. Nicht zu vergessen auch wenn ich es bis dato nicht erwähnt habe … Guatemala ist wunderschön. Brüllaffen, Kolibris, Papageie, Skorpione, Dschungel, Wasserfälle, Vulkane, indigene Kultur, Wellensittiche … nein das ist keine taxative Aufzählung dieses wunderbaren Landes;-)
In El Estor schloss ich Freundschaft mit einer Fischverkäuferin und dem lokalen Essen und in Antigua hab ich dann dank Rob begonnen ins Gym zu gehen …. Gar nicht blöd. Bin alleine am Zocala rumgehangen und hab dabei die indigene Kultur kennengelernt dank Gesprächsfreudiger indigenen Frauen. Abends hat mir Rob Rugby erklärt und wir haben gekocht .. unsere gemeinsame Mission, stundenlang…
Dann wurde es sportlich und wir haben den Acatenango Vulkan bestiegen, eine megatour zu einem Vulkan, von dem ich erstmals einen richtig aktiven feuerspeienden Vulkan gesehen habe. Gewaltig! Mit Zelt, essen, Schlafsack und allem was man so benötigt gings stundenlang schwer bepackt bergauf. Holzsuche, Feuermachen und dann ein Ausbruch nach dem anderen. Der boden bebt, der Himmel blutrot, die Nacht die Hölle. Zu viert in einem Minizelt, ich ganz am Rand …saukalt und nass… um halb 4 Uhr sind wir gottseidank aufgestanden um den Gipfel zu erklimmen.
Als Rob und ich uns in Antigua getrennt haben und ich nach San Pedro bin, hab ich bei strömenden Regen nur eines im Kopf gehabt… kochen! Gewürze suchen und finden, metzger, markt und kochen…. Aus langeweilie und Notwendigkeit wurde eine Passion, eine der größten dieser Reise. Mein Zimmernachbar ein junger Franzose hat´s gar nicht mehr geglaubt allerdings sehr genossen, war er doch eh immer stöned und hungrig;-). Sonntag war ich 2 stunden in der Kirche, manchmal wandern, ansonsten in der Sportsbar… dank Rob hab ich verstanden das passiv-sport eine Mission sein kann… however, wieder 2 Kiwis und Rugby…
Dann kamen die hardcore Fahrten, Bumpyroad, ein Collectivo nach dem anderen … in ganz Guatemala hab ich nicht einen Shuttle benützt. Kinder am Schoss, Frauen um mich … eine der schönsten Erfahrungen die ich mit Frauen aus fremden Kulturen erleben durfte. (aber das hat ja schon am Lago Atitlan begonnen… Kochen für die Indigenas … yeah)
Aber auch viel Regen und kälte, viele geplanten Touren fielen flach und ich fuhr früher als geplant nach San Christobal… eigentlich wollte ich nach Comitan aber ich hab Rob versprochen die Semi finals in Rugby mit ihm zu schauen und wir trafen uns dazu in San Christobal.. Rob, auf Rugby getrimmt (ja wir haben eine Bar gefunden mit schlechtem Empfang, auf Spanisch und die hat extra für uns 2 geöffnet … grausames einheimisches Frühstück und Rob küsst mir dafür, dass ich dabei war für immer die Zehen) und er mit seinen 46 jahren schlimmer als ein lazio-Fussbalfan aus Rom…was soll ich sagen… ausser den Semi Finals waren wir im Gym, haben gekocht und geschwiegen … und ich hab noch nie soviel mit einem Menschen geschwiegen wie mit Rob…und mich dabei super gefunden.
Wer jemals stunden schweigend neben einem Fremden verbringt und mit diesem das Zimmer teilt, weiss wovon ich rede…wir haben Sherlock Holmes auf Englisch geguckt, nie privates ausgetauscht und uns doch wohl gefühlt ..ich hatte Zeit auf mich zu hören, ohne zu sprechen und es geschätzt keinen Austausch zu pflegen..hatte ich den doch schon zu genüge mit anderen Menschen. Abends bin ich alleine ausgegagen, hab den Bands und der Musik gelauscht, Musiker kennengelernt, zu viel getrunken und einfach nur geschwiegen…(soweit das in Mexiko halt möglich ist)
Das ist übrigens eine Sache, die im Zusammenhang mit Mexiko dringend erwähnt gehört. Wer Musik und Livebands mag, der muss nach Mexiko. Um es kurz zu machen… Chiapas und auch Oaxaca sind Musik. Hier wird musiziert was geht (mit allen Instrumenten die es gibt), immer und überall und zu jeder Zeit. San Christobal hat mit mir sein Ende gefunden wegen der angenehmen 13 Grad … ohne die passenden Klamotten ist das auf Dauer nur der halbe Spass und so bin ich weiter nach Tehuantepec. Ausser einem guten Foodstall und einem netten Markt gibt es gar nicht viel zu sagen … doch das ist der Beginn des Endes der Mayakultur. Ich vermisse sie…
Von dort weiter nach Salina Cruz usw. Endstation Puerto Escondido bzw. Punta Zicatella. Surfen, Punta zicatella, hippie life und Rugby finals… mit allen kiwis und aussies der Region….what a hell! Ab 11 Uhr war jeder am feiern und ich als nun Rugby kenner mitdabei …(ausserdem war ich in einem Dorm von einem Aussies… life is simple)
Dann Date mit Rob für den dia del muertos in Oaxaca…der Wahnsinn! Megaparty am Friedhof und vorm Friedhof. Essen ohne Ende und ein rummel für die Kinder und im Friedhof? Just a big Party! Überall Bands und jeder feiert ohne Ende… unglaublich. Eine Nacht und einen Tag bin ich dabei (Rob auch, obwohl der ja weniger ein Partytiger ist) und dann buchen wir uns für den letzten gemeinsamen Tag eine Tour ... bereits um 11 sind wir alle betrunken, weil dies der Stop bei der Mezcal verkostung ist. Oh Boy…ein komplett betrunkener minivan voller Touris und ein Guide der nicht mehr stehen kann …thats Mexiko! Ich schau mir die Ruinen an - die meisten können nicht mehr - und zu den versteinerten Wasserfällen kommen wir als es schon fast dunkel ist. Ja es gibt am nächsten Tag beschwerden…waren ja auch viele Deutsche dabei;-) aber wir waren immerhin auch am größten Baum der welt. Und in knapp 4000m Höhe in der Sierra Norte (mit wunderschönem Panorama) auch wenn der halbe Bus pennt…10 stunden später sind wir zurück…. Rob und ich gehen gut essen und unsere wege trennen sich… als er nach Mexiko City fährt glauben wir beide noch ich fahr nach Puerto aber falsch… ich verquatsch mich mit einem jungen Mexikaner und bleib in der Hölle von Hostel… ja echt.. Hölle! Gym-Kaffee trinken, buchgeschäft…und dann abends ein live Konzert im Hostel. Eine Band, die jugendlichen musizieren kehrt bei uns im Hostel ein und spielen die halbe bzw. dreiviertiel nacht geilsten Sound… it s unbelievable. Genau 2 Stunden penn ich und fahr dann 7 stunden entlang Serpentinen nach Punta Zicatella … Miete mit für 7 Nächte einen eigenen Bungalow und freue mich auf das Meer, das Surfen und die Ruhe.
Und so ist es dann auch … wieder zurück in Punta Zicatella futtere ich erstmals seit langem Sushi, geniess die Surfer-Hippie Atmosphäre und entledige mich für die nächsten 8 Tage komplett jeglicher Schuhe. Die Tage vergehen mit Surfen, Kochen, Lesen, Hängematte und beinahe Ertrinken. Die Hitze ist unerträglich aber jeden Tage latsche ich zu meinem Surferstrand zu Fuss 3 Stunden hin und zurück, passiere Volleyballturniere, Tandemflieger und natürlich und vorallem Bigwave Surfer in Playa Zicatela. Ausserdem bin ich furchtbar unsozial bzw. ungesellig … einen Sundowner verbringe ich mit den „coolen“ Surfern am beach aber eigentlich ist es mir viel zu mühsam… insgesamt habe ich mit genau 3 Menschen in 8 Tagen Kontakt. Dean, einem australischen Surfer und wirklich nettem Typ, Pierre dem Besitzer und vorallem Uli – meine liebe Freundin aus Deutschland. Uli ist noch einige Jährchen älter als ich und mit ihr verbinden mich tolle Gespräche, gutes Essengehen und eine gemeinsame Yogaaktion. Aber meistens geniesse ich das Alleinsein, die Tage und Nächte in Oaxaca waren einfach zu viel des Guten.
Meine nächste Station ist dann doch weniger ruhig – oh Mexiko – immer ist irgendwas los… Konkret ein 3tägiges Jazz Festival in Mazunte. Nun gut… Pierre organisiert mir eine Unterkunft bei seiner Freundin in Puerto Angel und ich mach mich auf die Socken. Alles super, tolle Unterkunft bei einer jungen Familie, ausser mir noch ein Missionar und eine Künstlerin und ja… ich komme an, raste kurz und bin schon auf den Weg nach Mazunte. Mit den Collectivos dauert die Hinfahrt schon mal schlappe 1,5 Stunden aber was solls … Mexiko ist Musik und so soll es halt sein. Um halb 9 frage ich dann vorsichtshalber (Cari meine liebe Vermietern meinte bis Mitternacht fahren Collectivos zurück) dann doch noch mal nach wie lange denn nun wirklich ein Rücktransport fährt und ja.. zu spät. Der letze um 6 Uhr! Fuck… anstatt der Band weiter zu lauschen quatsch ich ganz Mazunte an (und falls die in Woodstoock auch alle so drauf waren … gute Nacht;-) und mir bleibt nichts übrig als Autostoppen. Und es funktioniert – ein Arbeiter nimmt mich irgendwann auf seinem Pick up mit wo ich zwischen Kabeln hängend zurück bis zur Kreuzung nach Puerto Angel gelange. Die restlichen 5 km gibt’s dann ein collectivo Taxi und ja… von den Bands hab ich weniger mitbekommen als erhofft,-)
Am nächsten Tag nehmen mich Cari und Family mit und alles ist easy… die Bands sind gut, die Stimmung auch.. diesmal ist es ein richtiger Festival Abend.
Eigentlich würde das Festival ja noch einen Tag andauern aber ich bin zu faul .. lange verquatsche ich mich mit Ignaz dem Missionar, die Hitze ist enorm und nach einem Bade- und Gegendauskundschaftentag hab ich keine Lust mehr. Ignaz bringt der indigenen Bevölkerung das Gender Thema näher, ich denke er macht echt einen guten Job und ausserdem macht er mich darauf aufmerksam, dass in Oaxaca die einzelnen Kulturen per Gesetz geschützt sind. Was leider auch zur Folge hat, dass ein gewisser Rassismus zum teil untereinander herrscht. Aber seine Mission ist die Gleichstellung der Frau und dazu versammeln sich in Puerto Angel immerhin 600 Menschen. Machismo, Alkohol und Gewalt an Frauen sind leider ernst zunehmende Themen in Mexiko, nicht nur innerhalb der indigenen Bevölkerung…
Ein interessanter Tag für mich, auch wenn mir der Ort echt an die Substanz geht. Die Typen sind ständig besoffen und um 18 Uhr schliesst so gut wie alles. Fast food und irgendwo ein Bier…das ist meine Ausbeute.
Egal, tagsdarauf bin ich mit Ignaz unterwegs, wandern und Saft trinken und es ist ein schöner Tag, auch wenn ich feststelle dass Ignaz auch „nur“ ein Mann ist. Und auch Cari und die Familie sind zwar super und es ist toll bei einer Familie mitzwohnen, aber dennoch … ihr Mann ist ein super Macho und ich würd ihn beim abendlichen gemeinsamen Essen am liebsten die Gurgel umdrehen … so ist es halt manchmal wenn man zuviel von anderen mitbekommt…
...hier gehts zu den Fotofeelings...